Dadaismus

Dadaismus
Dada

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Da|da|ịs|mus 〈m.; -; unz.; Kunstliterar.-künstler. Bewegung nach dem 1. Weltkrieg, die bewusste Primitivität pflegte [nach dem Stammellaut dada]

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Da|da|ịs|mus, der; -:
internationale revolutionäre Kunst- u. Literaturrichtung um 1920, die jegliches künstlerisches Ideal negiert u. absolute Freiheit der künstlerischen Produktion sowie einen konsequenten Irrationalismus in der Kunst proklamiert.

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Dadaịsmus
 
[französisch dada »Holzpferdchen«, kindlicher Stammellaut ?] der, -, revolutionäre literarisch-künstlerische Bewegung, die die besonders durch den Ersten Weltkrieg fragwürdig gewordene überlieferte bürgerliche Kultur lächerlich machen wollte. Das Wort »Dada« sollte zynisch das Abtun aller großsprecherischen Werte und Worte kennzeichnen. 1916 eröffnete der Pazifist H. Ball in Zürich das »Cabaret Voltaire« als Sammelpunkt der Dadaisten, eine bescheidene Kleinkunstbühne, die zugleich Ausstellungslokal war. Zur ersten Gruppe gehörten u. a. Emmy Hennings, die Rumänen T. Tzara und M. Janco, der deutsche Schriftsteller R. Huelsenbeck, der Österreicher W. Serner, der Lyriker und Bildhauer H. Arp (»Dada ist die Revolte der Ungläubigen gegen den Unglauben. Dada ist die Sehnsucht nach Glauben. Dada ist der Ekel vor der albernen verstandesmäßigen Erklärung der Welt«). Im Kabarett wurde unter Begleitung der »bruitistischen« (Lärm-)Musik die »simultane« Dichtung (Brocken von Lauten, Worten und Sätzen ohne logischen Sinnzusammenhang) deklamiert, um das chaotische Nebeneinander der Bewusstseinsinhalte darzustellen. Auch aleatorische (Zufalls-)Texte produzierte man. Die Wirkung wurde durch Ausstellung von Collagen (Collage), von Bildern der Kubisten und italienischen Futuristen (u. a. auch von W. Kandinsky und P. Picasso) verstärkt.
 
Dadagruppen bildeten sich in New York (dort eigenständig bereits seit 1915) um M. Duchamp, F. Picabia und M. Ray (Galerie Stieglitz) und nach 1918 in Berlin (R. Huelsenbeck, J. Baader, G. Grosz, J. Heartfield, W. Herzfelde, H. Richter, Hannah Höch, R. Hausmann, W. Mehring u. a.), in Köln (M. Ernst, H. Arp) und in Hannover (K. Schwitters). In der Musik vertrat den Dadaismus am konsequentesten H. J. von der Wense. Der Dadaismus schuf keine eigene Kunstrichtung, sondern verwendete alle bisherigen Spielarten antinaturalistischer Kunst, um sein absurdes Weltbild zu manifestieren. - Die Bedeutung des Dadaismus für die moderne Kunst (Literatur, Musik, Malerei, Film) ist nicht gering. Im neorealistischen Roman geht die »Simultanmethode« (J. Joyce, J. Dos Passos, frühe Werke A. Döblins) mit auf ihn zurück. In Frankreich entwickelte sich der Dadaismus zum Surrealismus weiter (A. Breton, L. Aragon, P. Éluard, P. Soupault). Hier wie in Berlin war die politisch linksgerichtete Komponente besonders deutlich.
 
 
Dokumentationen, Erinnerungen:
 
Die Geburt des Dada. Dichtung u. Chronik der Gründer, hg. v. P. Schifferli u. a. (Zürich 1957);
 W. Mehring: Berlin-Dada (Zürich 1959);
 
Das war Dada, hg. v. P. Schifferli (1963);
 
Dada in Europa, Werke u. Dokumente, hg. v. K. Gallwitz (1977);
 
Dada Berlin. Texte, Manifeste, Aktionen, hg. v. K. Riha (1977);
 
Dada in Zürich, hg. v. H. Bolliger u. a. (Zürich 1985);
 R. Huelsenbeck: Mit Witz, Licht u. Grütze. Auf den Spuren des D. (Neuausg. 1992);
 R. Hausmann: Am Anfang war Dada (31992);
 
Dada. Eine literar. Dokumentation, hg. v. R. Huelsenbeck (15.-16. Tsd. 1994).
 
Dada. Monographie einer Bewegung, hg. v. W. Verkauf (31965);
 
M. Prosenc: Die Dadaisten in Zürich (1967);
 
M. L. Grossmann: Dada. Paradox, mystification and ambiguity in European literature (New York 1971);
 
W. S. Rubin: Dada u. Surrealismus (1973);
 
H.-G. Kemper: Vom Expressionismus zum D. (1974);
 
E. Philipp: D. Einf. in den literar. D. u. die Wortkunst des »Sturm«-Kreises (1980);
 
Studies in Dada. Essays and documents, hg. v. R. W. Sheppard (Hutton 1981);
 
P. Waldberg: Dada, surréalisme (Paris 1981);
 
Sinn aus Unsinn. Dada International, hg. v. W. Paulsen u. H. G. Hermann (1982);
 
H. Bergius: Das Lachen Dadas (Neuausg. 1993);
 
Dada. Eine internat. Bewegung 1916-1925, bearb. v. Raimund Meyer u. H. Bolliger, Ausst.-Kat. (1993);
 
M. Sanouillet: Dada à Paris (Neuausg. Paris 1993);
 
J. Schäfer: Dada Köln. Max Ernst, Hans Arp, Johannes Teodor Baargeld u. ihre literar. Zeitschriften (1993);
 
H. Korte: Die Dadaisten (1994);
 
Dada total. Manifeste, Aktionen, Texte, Bilder, hg. v. K. Riha u. J. Schäfer (1994).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Dadaismus in der bildenden Kunst: Die »Abschaffung« der Kunst
 
Dadaismus in der Literatur: »Ich will keine Worte, die andere erfunden haben«
 
Dada, Punk und Oi-Musik: Das Gesetz der ewigen Wiederkehr
 

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Da|da|ịs|mus, der; -: internationale revolutionäre Kunst- u. Literaturrichtung um 1920, die jegliches Kunstideal negierte u. absolute Freiheit der künstlerischen Produktion sowie einen konsequenten Irrationalismus in der Kunst proklamierte.

Universal-Lexikon. 2012.

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